Überzahlung von Arbeitslohn-Rückzahlung an Arbeitgeber?
Gelegentlich kommt es vor, dass der Arbeitgeber zu viel gezahlt hat. Sind die Löhne von Monat zu Monat unterschiedlich hoch, ist es für den Arbeitnehmer schwierig eine Überzahlung festzustellen. Gegen eine Überzahlung hat man als Arbeitnehmer vielleicht auch keine Einwände. Aber was ist, wenn der Arbeitgeber den zu viel gezahlten Lohn zurückfordert?
Darf der Arbeitgeber die Überzahlung zurückfordern?
Das Bundesarbeitsgericht hat den Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers beispielsweise in seinem Urteil vom 13.10.2010 bejaht (https://openjur.de/u/170896.html).
Der Rückzahlungsanspruch gilt grundsätzlich sowohl für den Fall der irrtümlichen Überzahlung als auch bei der vom Arbeitnehmer veranlassten Überzahlung, etwa durch Täuschung.
Ausnahmen von der Rückzahlungspflicht des Arbeitnehmers
Entreicherung
Wenn sich der Arbeitnehmer mit Erfolg auf die Entreicherung berufen kann, entfällt seine Verpflichtung zur Rückzahlung.
Eine Entreicherung liegt vor, wenn der zu viel gezahlte Lohn ausgegeben wurde, ohne dass der Arbeitnehmer Kenntnis von der Überzahlung hatte und gleichzeitig keine Aufwendungen erspart hat.
Dies ist nur bei Luxusaufwendungen der Fall, die der Arbeitnehmer wegen der Überzahlung getätigt hat und die er sonst nicht ausgegeben hätte.
Hat er beispielsweise mit der Überzahlung die Miete für seine Wohnung gezahlt oder Lebensmittel gekauft, liegt keine Entreicherung vor, obwohl das Geld ausgegeben wurde. Denn gleichzeitig hat er Aufwendungen erspart, da er die Ausgaben sowieso hätte tätigen müssen.
Positive Kenntnis nach § 814 BGB
Der Arbeitgeber kann die Überzahlung nicht zurückverlangen, wenn er zum Zeitpunkt der Zahlung wusste, dass er zu viel zahlt. Dies wird er aber in der Regel bestreiten.
Ausschlussfristen
Die Rückforderung ist dann ausgeschlossen, wenn zu Lasten des Arbeitgebers Ausschlussfristen gelten, die er versäumt hat.
Diese können im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag geregelt sein.
Danach müssen Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht und gegebenenfalls eingeklagt werden.
Der Fristbeginn richtet sich nach der Fälligkeit der Forderung zu. Der Rückzahlungsanspruch ist sofort fällig (lesen Sie hier mehr zu Ausschlussfristen: https://ihr-recht-saar.de/arbeitsrecht/ausschlussfristen-im-arbeitsrecht).
Wie darf der Arbeitgeber zurückfordern?
Aufrechnung?
Oft wird der Arbeitgeber den überzahlten Lohn vom nächsten Lohn einbehalten. Dies ist aber nur dann zulässig, wenn dabei die Pfändungsfreigrenzen berücksichtigt werden. Die Höhe der Pfändungsfreigrenze hängt von der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen ab. Das bedeutet, dass dem Arbeitnehmer ein Existenzminimum an Lohn verbleiben muss.
Brutto oder netto?
Bei dem Rückzahlungsanspruch stellt sich die Frage, ob es sich dabei um den Bruttobetrag oder den Nettobetrag handelt.
Der Arbeitnehmer erhält stets den Nettobetrag ausgezahlt. Der Arbeitgeber ist nämlich verpflichtet, die auf den Lohn anfallenden Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer vom Lohn des Arbeitnehmers einzubehalten und an den Sozialversicherungsträger sowie das Finanzamt abzuführen.
Ob der Arbeitgeber einen Anspruch auf Rückzahlung des Brutto- oder des Nettobetrages gegen den Arbeitnehmer hat, wird nicht einheitlich entschieden.
Müsste der Arbeitnehmer den Bruttobetrag zurückzahlen, müsste er über den erlangten Nettobetrag hinaus auch die entrichteten Steuern und Sozialabgaben an den Arbeitgeber zahlen. Dies erscheint nicht interessengerecht, da der Arbeitnehmer grundsätzlich nur das zurückerstatten soll, was er auch erhalten hat.
Zudem kommt der Arbeitgeber mit der Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen grundsätzlich seiner eigenen Verpflichtung zur Abführung nach § 41a EStG, §§ 28e und 28h SGB IV nach.
Er kann ohne weiteres die abgeführte Steuer vom Finanzamt zurückzufordern und die überzahlten Sozialversicherungsbeträge vom Sozialversicherungsträger.